Weinguide Deutschland 2021
Den Weinen des Weinguts Schlör war in der Verkostung eins gemein: Diejenigen aus dem Jahr 2019 wirkten oft noch sehr verschlossen. Zum Beispiel der Weißburgunder aus dem Reicholzheimer First, der zwar alle Anlagen für einen exzellenten Wein mitbringt, diese derzeit aber noch nicht so recht preisgeben mag. Unser Vorschlag: ab in den Keller und ihm dort noch ein paar Monate bis Jahre der Selbstfindung gönnen. Das Grosse Gewächs schließt sich dem an. Es macht bereits jetzt mit etwas Luft Freude mit seinen ehr würzigen als fruchtigen Aromen, möchte aber gerne noch ein paar Jahre in Ruhe gelassen werden. Eine sehr gelungene und bereits jetzt wunderbar zu trinkende Ausnahme war der Müller-Thurgau, der mit seiner glockenklaren Würze zu den besten Vertretern dieser Rebsorte in Deutschland zählen dürfte. Der Riesling ist mit zehn Prozent beim Rebsortenspiegel im Weingut Schlör eher eine Randerscheinung – aber was für eine! Der Reicholzheimer First kommt mit Kraft und heller Frucht ins Glas, öffnet sich nach ein paar Stunden in der Karaffe aber aufs Schönste.
Ganz anders bei den Rotweinen aus dem Jahr 2018. Der erste, der bei uns auf den Tisch kam, war der Schwarzriesling aus Reicholzheim – Schwarzriesling? Ja, genau. Was wie eine abgefahrene Neuzüchtung klingt, ist nichts anderes als der aus der Champagne wohlbekannte Pinot Meunier. Und bei Konrad Schlör läuft der zu Höchstformen auf, wie bereits dieser Wein beweist. Anmutige, dunkle Frucht und seidige Säure bieten Trinkvergnügen auf herausragendem Niveau. Die Erste Lage ist ein Wein zum Niederkien. 14 Volumenprozent merkt man diesem Wein in keiner Sekunde an, zupackende Tannine, dunkle Frucht und eine herrliche Länge zeigen, was man aus weniger berühmten Rebsorten herausholen kann. Der Spätburgunder Ortswein ist ein samtweiches Kraftpaket. Der Alkohol ist wunderbar verschmolzen mit den Aromen von Brombeeren und etwas Kaffee. Das ganz großes Ortsweinkino! Auch die Erste Lage gefällt sehr gut, legt sie in allem noch eine Schippe drauf. Aber Achtung: Wer diese Weine mag, der darf nichts gegen kräftige Tannine haben. Absolut herausragend, weil anderes als so vieles, was man schon im Glas gehabt hat, ist der Fyerst 1476. Unfassbar straffe Säure, griffiges Tannin, Schwarzkirsche und eine gigantische Länge – das sind viele Superlativen für einen Wein, aber er ist definitiv der anspruchsvollste, wenn nicht beste deutsche Schwarzriesling, den es gibt.